Die Jaguar-Klasse

Die Schnellboote der Jaguar-Klasse (Marinebezeichnung: Klasse 140/141), waren die ersten nach dem Zweiten Weltkrieg neu entwickelten Kriegsschiffe der Bundesmarine. Sie wurden nach dem ersten in Dienst gestellten Boot „S1-Jaguar“  benannt.

Mit diesem Typ wurden die Erfahrungen des Schnellbootbaus aus dem Krieg fortentwickelt. Die dieselgetriebenen Torpedoschnellboote zeichneten sich durch gute Seegängigkeit und große Reichweite aus und konnten nicht nur zur Küstenverteidigung, sondern auch offensiv im freien Seeraum eingesetzt werden. Allerdings war ihre Bewaffnung schon bald nach Indienststellung überholt.

Von der Klasse 140 wurden 20 Boote gebaut, die von 1957 bis 1975 im 3. und 5. Schnellbootgeschwader im Dienst waren. Die Klasse 141 war bis auf die Motorisierung baugleich. Die zehn gebauten Boote dieser Klasse bildeten von 1958 bis 1976 das 2. Schnellbootgeschwader. Sie wurden zunächst als zweite Gruppe der Jaguar-Klasse angesehen, später aber auch als Seeadler-Klasse bezeichnet, ebenfalls benannt nach dem ersten Boot dieser Baureihe.

Nach der Außerdienststellung gab die Bundesmarine die Boote der Klasse 140 überwiegend an die Türkei ab und ersetzte sie durch Boote der Tiger-Klasse  (148). Die Boote der Klasse 141 wurden an Griechenland abgegeben und durch Boote der Albatros-Klasse (143) ersetzt. Die letzten Boote wurden dort 2004 außer Dienst gestellt.

Entwicklung

Die Boote der Jaguar-Klasse wurden aufgrund der Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges von der Lürssen-Werft in Bremen-Vegesack konzipiert und von dieser, sowie in Lizenz von der Kröger-Werft in Schacht-Audorf bei Rendsburg gebaut.

Nach dem 2. Weltkrieg hatte die Lürssen-Werft schon für den „Bundesgrenzschutz See“ Schnellboote nach den letzten Konstruktionsplänen des Krieges gebaut (spätere Bezeichnung „Silbermöwe-Klasse“ (149)). Diese waren zunächst von der britischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und der „Schnellbootgruppe Klose“ im „British Baltic Fishery Protection Service“ überstellt worden. Nach Gründung der Bundeswehr dienten sie im Schnellbootlehrgeschwader (später 1. Schnellbootgeschwader) der Bundesmarine zur Ausbildung der Besatzungen und Erprobung von Motoren und Ausrüstung für die späteren Jaguarboote.

Die dann von Lürssen als Typ 55 entwickelten Boote der Jaguar-Klasse stellten eine Fortentwicklung der Schnellboote des 2. Weltkrieges dar. Am Ende des Krieges waren alle militärtechnischen Patente von den Alliierten konfisziert worden, auch die den „Lürssen-Effekt“ erzeugenden verstellbaren Stauruder, die zu den hervorragenden Fahrleistungen der Kriegsboote beigetragen hatten. Die wesentlich größeren Jaguar-Boote erreichten jedoch ohne diese sogar bessere Werte, so dass auf den Versuch die Patente zurück zu erlangen verzichtet wurde.

Bei der Einführung wurde die Jaguar-Klasse zunächst offiziell nur unter der Klassennummer geführt. Sie wurden inoffiziell aber bald als „Raubtierklasse“ bezeichnet, bevor sich das für Schiffe übliche Verfahren auch für Boote durchsetzte, die Klasse nach der ersten in Dienst gestellten Einheit zu bezeichnen. S 1 Jaguar, nach dem die Klasse später benannt wurde, wird als der erste Nachkriegsneubau der Marine überhaupt geführt.

Mit den Booten der Jaguar-Klasse hat die Bundesmarine einen robusten Schiffstyp für ihren Wiederaufbau beschafft, der zwar einige Zeit gute Dienste leistete, jedoch waffentechnisch schon bei der Indienststellung veraltet war. Der Angriff gegen Kampfschiffe mit geradeaus laufenden Torpedos kurzer Reichweite war bereits zu dieser Zeit eine überholte Taktik. Ab 1960 wurden zudem in der sowjetischen Marine die ersten Schnellboote mit Flugkörpern eingeführt, eine Bewaffnung, die für den Kampf gegen größere Ziele dem Torpedo weit überlegen war. Insofern war die relativ frühzeitige Außerdienstellung der noch in gutem Zustand befindlichen Boote der Jaguar-Klasse und ihr Ersatz durch Flugkörperschnellboote eine logische Konsequenz.

Einsatzkonzept und Aufgaben

Aufgabe der deutschen Schnellbootgeschwader war die Überwachung und Verteidigung des Küstenvorfeldes in der Nord- und Ostsee bis zur norwegischen Küste. Im Kriegsfall hätten Sie im Zusammenwirken mit anderen Marineeinheiten vor allem 3 Aufgaben erfüllen sollen.

  • Die Marinen des Warschauer Paktes am Verlegen von Einheiten zwischen Baltischer Flotte (Ostsee) und Nordmeerflotte (Atlantik) hindern.

  • Den Seezugang zu den deutschen Häfen über die Nordsee vor allem für Verstärkung und Nachschub aus den USA sichern.

  • Die Küsten Deutschlands, Dänemarks und Norwegens gegen feindliche Landungsoperationen verteidigen.

Gemäß dem NATO-Konzept der maritimen Vorneverteidigung hätten die Boote feindliche Kräfte schon auf dem Anmarsch im weiteren Küstenvorfeld angreifen sollen. Als Hauptbewaffnung sollten Torpedos eingesetzt werden, Nebenbewaffnung waren leichte Geschütze, Minen und Wasserbomben.

Taktik

Zum Torpedoangriff sollten sich die Boote ihren Zielen in dichter Formation mit Höchstgeschwindigkeit nähern, um auf dem gegnerischen Radar keine identifizierbaren Einzelsignaturen abzubilden. Erst kurz vor dem Ziel wurde die Formation geöffnet, um die ungelenkten Torpedos aus möglichst geringer Distanz (< 1000 m) auszustoßen. Den Torpedos wurden je nach Ziel eine bestimmte Lauftiefe eingestellt. Die fächerförmige Anordnung der Rohre bewirkte eine Verteilung der Torpedos und erhöhte so die Trefferwahrscheinlichkeit auch bei eventuellen Ausweichmanövern der angegriffenen Schiffe. Schusskurse und Torpedoeinstellungen wurden mit Hilfe der Torpedozielsäule berechnet.

Für Angriffe auf verteidigte Ziele wie etwa größere, schwer bewaffnete Kriegsschiffe war der Ansatz mehrerer Booten bis zu Geschwaderstärke (7 - 10 Boote vorgesehen), die aus verschiedenen Richtungen Torpedofächer auf das Ziel abgeschossen hätten. Es oblag den Divisions- und Rottenführern, ihre Bootsgruppen synchron in Schussposition zu manövrieren. Die Angriffspläne wurden so angelegt, dass das Ziel auch durch Ausweichmanöver nicht aus dem Bereich der Torpedolaufbahnen entkommen konnte. Bei weniger stark bewaffneten Zielen wie etwa Landungsschiffen hätte das Geschwader mehrere in der Nähe zueinander befindliche Ziele auf einmal angreifen können.

Da die Boote keine nennenswerte Panzerung hatten, mussten sie feindlichem Abwehrfeuer durch Überraschung, wechselnde Bewegungen und hohe Geschwindigkeit begegnen, um es dem Gegner zu erschweren, seine Geschütze zu richten. Die besten Angriffsbedingungen bot die Dunkelheit, wenn eine optische Zielerfassung durch den Gegner nicht möglich gewesen wäre. Die Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges zeigten, dass bei Tageslichtangriffen auf geschützte Verbände mit hohen eigenen Verlusten zu rechnen gewesen wäre.

Angesichts der sich entwickelnden Radartechnik und insbesondere radargesteuerter Feuerleitung bot allerdings auch die Dunkelheit kaum mehr Schutz.

Führung

Die Boote der Jaguar-Klasse waren in drei Geschwadern zu je zehn Booten zusammengefasst. Zu jedem Geschwader gehörte außerdem ein Begleitschiff (Tender) und der Geschwaderstab. Die Geschwaderkommandeure waren Disziplinarvorgesetzte auf der Ebene eines Bataillonskommandeurs, ihr vorgesehener Dienstgrad war Fregattenkapitän.

Da fast immer einzelne Boote zur Erprobung abgestellt waren oder Werftaufenthalte hatten, verfügte im Einsatz ein Geschwader meist effektiv über acht oder neun Boote und gliederte sich in zwei Divisionen, die sich wiederum in Rotten zu je zwei Booten aufteilen konnten. Das Geschwader und die erste Division wurden vom Kommandeur geführt, die zweite Division durch den S3-Stabsoffizier als stellvertretendem Geschwaderkommandeur und einzelne Rotten durch den dienstältesten Kommandanten in der Rotte.

Als Führungsmittel verfügten die Boote zunächst nur über ein Tast- und ein Sprechfunkgerät. Als Lagezentrale diente der so genannte Plottraum. Diese Ausstattung wurde im Laufe der Zeit um weitere Funkgeräte und einen halbautomatischen Plotttisch für die Lagedarstellung ergänzt.

Innerhalb eines Bootes erfolgte die Kommunikation über ein elektrisches Bordsprechsystem (BÜ-Netz). Auf jeder Station waren dafür Steckdosen vorhanden, über die sich die mit Kopfhörern mit Mikrofon, oder speziellen Helmen ausgestatteten Verantwortlichen dieser Station in das System integrierten und so Anweisungen erhalten oder Meldungen abgeben konnten.

Die ab 1962 den Geschwadern zugeführten Tender der Rhein-Klasse (Kl. 401) spielten für den Einsatz der Boote eine bedeutende Rolle. Bei Manövern außerhalb der Stützpunkte war die Versorgung und Unterbringung der Mannschaften bis zum Zulauf der Tender zu den Geschwadern ein erhebliches Problem. Sie waren aber nicht nur eine Versorgungsplattform, sondern sollten auch Lücken in der Bewaffnung der Boote zum Schutz des Verbandes am Versorgungspunkt ausgleichen. Zu diesem Zweck verfügten sie über zwei 100 mm-Geschütztürme, 40 mm-Flak und eine Sonaranlage zur Uboot-Ortung.

Der Geschwadertender konnte auch als Führungsplattform genutzt werden, jedoch wurden Kampfeinsätze meist von einem Boot (Führerboot) aus geführt. Der Tender stellte jedoch mit seinen Funkverbindungen ein wichtiges Bindeglied zwischen der Marineführung im Flottenkommando und dem Geschwader in See dar.

Konstruktion

Rumpf

Die Schnellboote der Jaguar-Klasse waren wie fast alle deutschen Schnellboote klassische Rundspantboote mit Dieselantrieb. Sie waren in Kompositbauweise mit Holzbeplankung als Doppeldiagonalkraweel auf Leichtmetallspanten ausgeführt. Dabei wurden zwischen zwei horizontale Lagen Mahagoni von je 2,5 cm zwei 0,7 cm starke Diagonallagen Teakholz verleimt. Dadurch waren die Boote leicht, verwindungsfest und weitgehend unempfindlich für Magnetminen. Zur Erhöhung der Sinksicherheit waren die Boote in 11 wasserdichte Abteilungen unterteilt. Die wenigen Aufbauten bestanden aus Leichtmetall, nur die Brücke und die Geschützstände, waren mit 1 cm Stahlblech leicht gepanzert.

Als so genannte Verdrängerboote hoben sie sich bei hoher Fahrtgeschwindigkeit nicht aus dem Wasser, im Gegensatz zu sogenannten Gleitbooten, die auf der Wasseroberfläche dahingleiten. Dies beschränkte zwar ihre Höchstgeschwindigkeit, machte die Boote aber verhältnismäßig unempfindlich gegen schwere See, so dass sie auch bei Seegang voll einsetzbar waren.

Der Rumpf war dabei so günstig gestaltet und die Antriebsanlage so ausgelegt, dass die klassischen Berechnungsformeln für die Rumpfgeschwindigkeit von Verdrängern außer Kraft gesetzt wurden und Geschwindigkeiten bis zur Kavitationsgrenze des Propellers, also bei diesen Booten je nach Beladung 40 bis 45 Knoten erlaubte. Auch wurden damit die Fahreigenschaften insgesamt verbessert. Die Abrisskante am Heck und der Strömungsvorlauf waren derart abgestimmt, dass das Eintauchen des Hecks und die Höhe der Heckwelle sowie der bei Spitz- und Rundgattern bekannte „Saugeffekt“ wirkungsvoll vermindert wurden. Zudem waren die Rumpfproportionen im Unterwasserschiff so gestaltet, dass zusammen mit der Anordnung der Wellen und der genannten Abflachung der Heckwelle nicht schon der Nachlauf der Bugwelle und der Vorlauf der Heckwelle einander beeinflussten, sondern erst die Wellenberge selbst einander nicht mehr überholen konnten.

Die Holzkonstruktion erwies sich als sehr robust, war jedoch aufwändig im Unterhalt. Bei Eisgang war der Einsatz der Boote beschränkt, weil schon relativ dünnes Eis den Holzrumpf beschädigen konnte.

Maschinenanlage

Die Boote der Serien 140 und 141 unterschieden sich nur in der Motorisierung, wobei die verwendeten Motoren dabei zunächst gleiche Leistung von je 3000 PS hatten. Die vier schnelllaufenden aufgeladenen Viertakt-Dieselmotoren wurden mit Druckluft angelassen. Die Motoren wirkten bei der Klasse 140 über je ein angeflanschtes Untersetzungsgetriebe und eine Kupplung und bei der Klasse 141 über je eine Kupplung und ein Wendegetriebe auf die Wellen. Die Wellen drehten sich entgegengesetzt und waren jeweils um 2° von der Mittellinie abweichend ausgerichtet (die Mittleren nach innen die Äußeren nach außen). Die dreiflügligen festen Propeller hatten einen Durchmesser von 1,15 m.

Die Abgase wurden seitlich aus dem Rumpf abgeleitet. Bei hoher Fahrtstufe lagen die Auslässe unterhalb der Wasseroberfläche und reduzierten damit die Fahrgeräusche außerhalb der Boote wesentlich. Die Motoren zeigten in der Anlassphase eine erhebliche Abgas- und Rußentwicklung, so dass bei der Standprobe im Hafen zwischen die Boote mittels angeschlagener Schläuche Seewasser gesprüht wurde, um Rußablagerung zu verhindern und die Rümpfe der daneben liegenden Boote gegen die Hitze der Abgase zu schützen. Oft trugen die damit befassten Männer ABC-Schutzmasken (Gasmasken), um die ölgeschwängerte Luft nicht ungeschützt einatmen zu müssen.

In der sog. Erhaltungsstufe 5 wurden die Motoren vollständig ausgetauscht und zur Überholung an die Herstellerwerke verschickt. Dafür war oberhalb der Maschinenräume das Deck herausnehmbar konstruiert. Im Zuge einer solchen Wartung erfolgte auch der Austausch gegen leistungsstärkere Motoren auf den Booten der Klasse 141 (siehe Abschnitt Klasse 141).

Klasse 140 („Mercedes-Boote“)

Die Boote der Klasse 140 waren mit vier 20-Zylinder-V-Motoren des Typs MB-518 B von Daimler-Benz mit jeweils 3000 PS Leistung ausgestattet. Die Motorblöcke waren aus der seewasserbeständigen Leichtmetalllegierung Silumin gefertigt und hatten zur Gewichtsersparnis weitere spezielle Konstruktionsmerkmale. So waren die Zylinder aus Sonderstahl mit Zylinderboden und Vorkammer aus vollem Material herausgearbeitet. Die Ein- und Auslasskanäle und der Kühlmantel aus Stahlblech waren aufgeschweißt und auf einem im Kurbelgehäuse vorhandenen Zwischenboden abgestützt. Bei erforderlichen Reparaturen (z. B. Kolbenfressern) konnte der ganze beschriebene Block nach oben gezogen und der Kolben bis zur Kolbenschaftunterseite freigelegt werden. Die Motoren waren zwar erheblich leichter, jedoch wartungsintensiver und störanfälliger als die Motoren der Klasse 141.

Die Motoren besaßen mechanische Aufladegebläse und angeflanschte Untersetzungsgetriebe (1:1,72). Das Trockengewicht je Motor betrug 4800 kg. Für die Rückwärtsfahrt wurden die Motoren gestoppt und umgesteuert, so dass sie dann in umgekehrter Drehrichtung liefen. Dies war jedoch nur bei Stillstand des Bootes bzw. langsamer Fahrt möglich.

Klasse 141 („Maybach-Boote“)

Die ersten acht Boote der Klasse 141 waren mit vier 16 Zylinder V-Motoren MD 871/30 aus Grauguss von Maybach (später MTU) ausgerüstet. Sie wurden mit je zwei Abgasturboladern aufgeladen und hatten ebenfalls eine Leistung von je 3000 PS.

Durch die schwereren Motoren hatte die Klasse 141 ein etwa 7 t höheres Gesamtgewicht und erreichte damit zunächst eine etwa 3 kn niedrigere Höchstgeschwindigkeit. Die beiden letzten Boote wurden mit MD 872 Motoren mit je 3600 PS ausgerüstet (insgesamt 14.400 PS), womit die Höchstgeschwindigkeit der Mercedes-Boote leicht übertroffen wurde. Ende der 1960er Jahre wurden dann alle Boote auf die leistungsstärkeren Motoren umgerüstet. Damit wurde der Geschwindigkeitsnachteil mehr als ausgeglichen, allerdings auf Kosten eines höheren Kraftstoffverbrauchs und darum geringerer Reichweite.

Das Trockengewicht je Motor betrug 6.690 kg. Die Maybachmotoren wurden zur Rückwärtsfahrt nicht umgesteuert, sondern hatten dazu ein Wendegetriebe. Auch hier war dieser Vorgang höchstens bei geringer Fahrt möglich.

Es ist anzunehmen, dass die Boote mit Maybachmotoren etwas mehr Tiefgang (ca. 10 cm) hatten (die Quellen sagen hierzu aber nichts aus).

Hilfseinrichtungen

  • Zur Stromerzeugung waren zwei Dreizylinder-Hilfsdieselmotoren mit Generatoren an Bord. Diese erzeugten die als NATO-Standard definierte Spannung von 440 V bei 60 Hz. Über Trafos wurden für bestimmte Verbraucher auch 220 V, 115 V und 24 V erzeugt. Letztere auch zum Laden diverser Akkumulatoren etwa zum Anlassen der Hilfsmaschinen, für Beleuchtung, Positionslichter usw.
  • Zur Erzeugung von Druckluft dienten zwei elektrisch angetriebene dreistufige Kompressoren. Die Boote benötigten Druckluft zum Anlassen der Motoren, zum Befüllen der Torpedos und für die Torpedorohre.
  • Die Steuerung erfolge über eine elektrische Ruderanlage auf zwei Spatenruder.

Bewaffnung

Torpedos

Die Hauptbewaffnung der Boote bestand aus vier Torpedorohren (ToRo M 1) mit einem Kaliber von 53,3 cm. Diese waren 10° (vorn) und 15° (hinten) zur Fahrtrichtung angeordnet und stießen die Torpedos mittels Druckluft nach vorne aus. In jedem Rohr wurde normalerweise ein Torpedo mitgeführt, zusätzlich konnten auf den Ladebänken hinter den Rohren drei Reservetorpedos untergebracht werden. Weil achtern der Reservetorpedo auf dem drehbaren Gestell mit der Seilwinde zum Laden (über Umlenkrollen an den Torpedorohren) und Entladen der Rohre auflag, konnte hier nur ein zusätzlicher Torpedo mitgeführt werden.

Einzelne Boote dienten Anfang der 1960er Jahre als Erprobungsträger für drahtgelenkte Torpedos mit denen die Nachfolgeklassen ausgerüstet wurden (s. u.).

Zum Übungsschießen wurden in den ersten Jahren noch Restbestände des deutschen G7a-Torpedos mit einer Reichweite von 6 km bei 44 kn nbsp; verwendet. Der Standardeinsatztorpedo, von denen die Boote ständig vier in den Rohren mitführten, war der britische Mark VIII mit einer Reichweite von 4,5 km bei 45,5 kn.

Die Torpedos waren ungelenkt, das heißt, sie konnten nach dem Ausstoßen vom Boot nicht mehr beeinflusst werden und orteten auch nicht selbsttätig ihr Ziel. Sie hatten jedoch eine Tiefensteuerung und einen Steuermechanismus eingebaut, in dem einfache Kurse voreingestellt wurden. Meistens wurde damit die schräge Aufstellung der Torpedorohre ausgeglichen, so dass z. B. der vordere Backbordtorpedo nach dem Eintauchen eine Kursänderung um 10° nach Steuerbord durchführte um dann geradeaus in Fahrtrichtung des Bootes zu laufen.

Artillerie

Die beiden Bofors Schnellfeuerkanonen 40 mm/L70 waren in offenen Ständen (Marineeinzellafette (MEL 58)) auf dem Vorderdeck und zwischen den Hecktorpedorohren aufgestellt. Sie waren primär zur Flugabwehr vorgesehen. Dafür wurden 3168 Schuss selbstzerlegende Flakmunition (DM 31) mitgeführt. Der Munitionsraum befand sich unterhalb des Brückenaufbaus.

Die beiden Geschütze konnten durch den optischen Artillerieleitstand hinter der Brücke synchronisiert gerichtet werden, als Artillerieoffizier war der 1. Wachoffizier (I WO) eingesetzt. Mit Hilfe von elektrischen Richtmotoren wurden die Waffen automatisch gerichtet. Abgefeuert wurde zentral vom Artillerieleitstand, die Geschützbedienung hatte lediglich die Aufgabe nachzuladen. Jedes Geschütz konnte aber auch vollständig unter lokaler Kontrolle bedient werden. Nachts waren die Geschütze praktisch nicht einsetzbar, weil die Boote kein Feuerleitradar hatten.

Die Geschütze hatten für Fahrzeuge dieser Größe ein relativ starkes Kaliber, was den Booten eine Überlegenheit im Gefecht mit anderen leichten Kräften gegeben hätte. Vergleichbare Schnellboote des Warschauer Pakts in der Ostsee verfügten meist nur über Geschütze der Kaliber 15 mm bis 37 mm.

Minen

Minenlegen war eine Nebenaufgabe der Boote. Sie sollten dort eingesetzt werden, wo Minenleger und Minensuchboote, deren Hauptaufgabe die Verminung gefährdeter Küstenabschnitte gewesen wäre, aufgrund der Gefährdungslage nicht hätten eingesetzt werden können. Mit geringem Aufwand konnten die hinteren Torpedorohre entfernt und gegen zwei Schienen für bis zu 23 Minen ausgetauscht werden. Als schnelle Kräfte mit guter Selbstverteidigung wären Verbände von Jaguarbooten in der Lage gewesen, Lücken in Minensperren auch unter Feindbedrohung zu schließen

Wasserbomben

Seitlich der hinteren Torpedorohre befanden sich je zwei Halterungen für Wasserbomben. Da diese jedoch ohne jede Unterwasserortung (z. B. Sonar) abgeworfen werden mussten und dabei in den überwiegend flachen Gewässern des Einsatzgebietes oft Schäden an den Booten auftraten, waren die Schnellboote für den Einsatz von Wasserbomben nur eingeschränkt geeignet. Diese wurden in der Regel nicht mitgeführt.

Handwaffen

An Bord befanden sich zunächst nur mehrere Pistolen des Modells P1 (P38) und ein Karabiner K 98 für den Wachdienst. Letzterer diente auch zum Zerstören treibender Minen. Bis Mitte der 1960er wurde das K98 durch das Gewehr G3 ersetzt. Weiterhin kamen die MP2 und ein MG3 (zunächst noch in der Ausführung als MG42) sowie Handgranaten an Bord. Diese Waffen sollten für die sogenannten "Enterrollen", d. h. das Entern bzw. die Abwehr von Enterungen, an die Besatzung ausgegeben werden.

Sensorik

Die Erstausstattung an Sensoren beschränkte sich auf ein Navigationsradargerät. Nach und nach wurden eine Torpedozielsäule, eine optische Richtsäule für die Artillerie, ein verbessertes Radargerät und ein Radarwarnempfänger nachgerüstet, mit dem gegnerische Radargeräte geortet werden konnten.

Besatzung

Der taktische Einsatz der Boote stellte hohe Anforderungen an den Ausbildungsstand der Besatzung, die fast zur Hälfte aus Offizieren und Unteroffizieren bestand. Als Kommandant war ein Kapitänleutnant vorgesehen, tatsächlich waren aber Offiziersdienstgrade vom Leutnant zur See bis zum Korvettenkapitän Kommandanten der Boote. Meistens war es ein Oberleutnant zu See. Die Kommandanten hatten die Disziplinargewalt eines Kompaniechefs.

Die STAN-mäßige Besatzungsstärke hat sich im Laufe der Zeit nur geringfügig verändert. Die Besatzung bestand ursprünglich (hier am Beispiel der Indienststellungs-Besatzung von „S 21 Dommel“ von 1961) aus:

  • 3 Offiziere: Kommandant, 1. Wachoffizier (I WO), 2. Wachoffizier (II WO, oft Fähnriche zur Ausbildung)
  • 2 Bootsmänner: „Leitender“, Decksbootsmann („Schmadding“)
  • 12 Maate: 4 x Motoren (T1 - 4), 2 x Deck, Elektrik, Brücke, Radar, Artillerie, Torpedos, Funker
  • 21 Mannschaften: 4 x Motoren, 4 x Deck, 3 x Artillerie, 2 x Torpedo, 2 x Elektro, 2 x Brücke, Radar, Funker, Signal, Koch

Später kam ein Schiffstechnischer Offizier (STO) hinzu, und der bisherige „Leitende“ im Bootsmannsrang wurde zum „Abschnittsleiter Motoren“; dafür fiel der II WO weg.

Unterbringung

Die Unterbringung der Besatzung an Bord der Jaguar-Boote war eng, aber wohnlich, unter anderem mit Holzverkleidung versehen. Im Heimathafen schlief die Besatzung meistens nicht an Bord. Auf den häufigen Manöverfahrten, Auslandsbesuchen und als Wachboot (s. u.) standen der Besatzung insgesamt 39 Kojen zur Verfügung. Ab 1962 wurden den S-Bootgeschwadern Tender beigegeben, um den Betrieb und die Versorgung der Boote und Besatzungen bei Manövern oder Auslandsaufenthalten zu verbessern, dort bestand dann z. B. die Möglichkeit zu Duschen.

Unterhalb der Brückenaufbauten befand sich der Plottraum mit sechs festen Kojen und vier Kojen zum Aufhängen (keine Hängematten) für Unteroffiziere sowie einem Toilettenraum (etwa 2 m²). Daneben befanden sich zwei kleine Kammern mit je zwei Kojen für die Offiziere und Feldwebel. Die Kommandantenkammer war mit eigenem Waschbecken und Schreibtisch und einer Doppelkoje (Etage) ausgestattet. Das zweite Bett dort war für den Kommandeur des Geschwaders oder seinen Stellvertreter vorgesehen, wenn diese auf einem der Boote mitfuhren. In der Steuerbord-Brückenkammer befanden sich noch eine Koje und kleine Spinde als Krankenrevier („Geschwader-Reiseschlunz“) und mögliche Schlafstätte für den bei Einsätzen auf einem Boot zusteigenden Geschwaderarzt.

Im Vorschiff („Heldenkeller“) befanden sich zwölf Kojen für Mannschaften („Decksgasten“), zugänglich über ein Kugelschott von Deck aus.

Im Heck war neben einem Raum mit sechs Kojen für die Mannschaften der Maschine („Heizer“), die Kombüse mit Elektroherd (in U-Bootgröße) und einem für damalige Zeiten großen Kühlschrank. Daneben befand sich ein Unteroffiziersschlafraum („Viermannskammer“) mit zwei Etagenkojen und ein weiterer kleiner Toilettenraum.

Seedienst

Die Schnellboote waren als sogenannte „Einwachenboote“ konzipiert, darum gab es anders als auf größeren Schiffen für den Betrieb keine wechselnden Schichten („Wachen“). Fast die gesamte Besatzung wurde während der bis zu 72 Stunden dauernden Einsatzfahrten benötigt. Die psychische und körperliche Belastung war damit oft an der Grenze des Zumutbaren. Bei Fahrten unter Gefechstbedingungen bestand während dieser Zeit keine Möglichkeit einer längeren Ablösung vom Posten. Ruhepausen wurden intern nach Bedarf und Möglichkeit im Aufgabenbereich durchgeführt. Das galt auch für den Toilettengang. Der Kommandant blieb vom Ablegen bis zum Anlegen auf der Brücke. Hatte der 1. Wachoffizier keine Kommandanten-Prüfung, musste das Boot gestoppt werden, solange der Kommandant zur Notdurft-Verrichtung seinen Posten verließ.

Außerhalb von Verbands- oder Manöverfahrten unter Gefechtsbedingungen, etwa bei Überführungs- oder Kanalfahrten, waren nicht alle Stationen (z. B. die Geschütze) besetzt und konnte z. B. ein Maat die Maschinen allein bedienen. Für die frei werdenden Besatzungsmitglieder wurde damit eine Ruhepause möglich. Dabei war während des Fahrbetriebes der vordere Mannschaftsraum als möglicher Kollisionsraum gesperrt.

Der Tagesbetrieb am Liegeplatz verlief an Bord mit allen Mahlzeiten (Frühstück, Mittag und Abendessen), dazu donnerstags der Seemannssonntag. Im Seebetrieb kam zu den normalen Mahlzeiten noch der sogenannte Mittelwächter um Mitternacht hinzu. Damit war der Koch (Smut) voll ausgelastet. Während der Fahrt wurde ihm eine Hilfskraft aus der Mannschaft zur Seite gestellt. Dafür gehörte der Smut bei Gefechtsübungen zur Torpedostation (außerdem war er der Bordsanitäter). Auf- und Abdecken wurde von den täglich wechselnden Backschaftern durchgeführt. Das Kartoffelschälen (Potackendrehen) war ein „Alle-Manns-Manöver“, bei dem sich sogar ab und zu (bei guter Laune) der Kommandant beteiligte. Gegessen wurde im hinteren Mannschaftsquartier und im Plottraum.

Wachdienst

Außerhalb der Einsatzfahrten wurden die Boote im Hafen nach den geltenden Wachbestimmungen gesichert. Die Wache an Bord der einzelnen Boote bestand analog zu den Regelungen anderer Truppenteile aus „Unteroffizier vom Dienst“ (UvD), „Matrose vom Dienst“ (MvD) und „Heizer vom Dienst“ (HvD) (später „Schiffssicherungsgast vom Dienst“ (SvD)). Sie war zuständig für den geregelten Ablauf der Bordroutine wie Wecken, Flaggenparade, Landgangsordnung und -überwachung, Ruhe im Schiff, Zustand der Mannschafts- und Betriebsräume. Der „UvD“ musste nachts eine Runde durch das Boot machen und dem „Offizier vom Wachdienst“ (OvWa) (s. u.) Meldung über den Zustand des Bootes machen.

Kleine Wache

Lagen bis zu drei Boote zusammen, wurde von einem Boot zusätzlich eine bewaffnete Bewachung der Boote im Außenbereich gestellt. Es setzte den Stander „Nato-Null“. Die Außenwache bestand aus einem wachhabenden „Maat der Wache“, einem „Posten Pier“, einem „Posten Seeseite“, sowie dem „OvWa“. Der Wachoffizier war unter anderem für den Ablauf der Wachroutine (z. B. Flaggenparaden, Wachablösungen) verantwortlich.

Große Wache

Ab vier Booten musste ein Boot mit der gesamten Besatzung an Bord zur Wache bestimmt werden. Das Wachboot befand sich im Alarmzustand zum schnellen Auslaufen bereit.

Geschichte

Bei der Aufstellung der Geschwader bestand der Kern erfahrenen Personals aus Veteranen, die wieder in den Dienst der Marine getreten waren, sowie Personal der „Schnellbootgruppe Klose“ und des eingegliederten Bundesgrenzschutzes See.

Die Besatzungen wurden noch während des Baus von den Herstellern der Ausrüstung geschult. So wurde ein Teil des Maschinenpersonals zu Lehrgängen bei Daimler-Benz und Maybach geschickt und die Besatzungen machten auf den Werften Baubegleitung (oder Baubelehrung). Nach Auslieferung führten diese Besatzungen dann auch die Abnahme und das Einlaufen der Maschinen innerhalb des Schiffserprobungskommandos (SEK) durch.

Die Schnellbootgeschwader waren (abgesehen von Minensuchgeschwadern), die ersten vollständig aufgestellten Kampfeinheiten der Marine, darum wurden sie sofort der NATO unterstellt, um in die internationalen Komandostrukturen integriert zu werden und das Zusammenspiel der Stäbe zu üben. Dabei war der Druck schnell Einheiten aufzubauen so groß, dass die ersten Boote des 3. S-Geschwaders ohne Kanonen und Radar in Dienst gestellt wurden. Scharfe Schüsse wurden zunächst mit Restbeständen des G7a-Torpedos in norwegischen Fjorden geübt.

Die Schnellbootgeschwader besuchten im Laufe der Zeit viele Häfen der benachbarten NATO-Staaten. Oft waren es Jaguar-Klasse Schnellboote die nach dem Krieg die ersten Besucher der deutschen Streitkräfte im europäischen Ausland waren. Das 5. Schnellbootgeschwader wurde nach seiner Aufstellung zur NATO-Bereitschaft abgestellt und unternahm als solche weite Reisen zu NATO-Manövern, z. B. nach Nord Norwegen, in die Biskaya und ins Mittelmeer.

Die Geschwader in der Ostsee stellten ständig mindestens ein Boot zur sogenannten „taktischen Nahaufklärung“ ab, das im Ostseeausgang auf See stand und etwaige Flottenbewegungen der Staaten des Warschauer Vertrages beobachtete und z. B. sowjetische U-Boote – die hier nicht tauchen konnten – bei der Durchfahrt „eskortierte“.

Vor allem in den ersten Jahren kam es wiederholt zu offiziell meist nicht gemeldeten Vorfällen mit Einheiten des Warschauer Vertrages, wie provokativ nahes und schnelles Passieren bis hin zum Rammen, „versehentliche“ Beschießungen, Fluchthilfe aus DDR-Häfen und ähnliches.

Die enge Zusammenarbeit und das dichte Zusammenleben aller Dienstgrade und Laufbahnen förderte ein besonderes Verhältnis innerhalb der Besatzungen und zum Waffensystem Schnellboot. Auch erhielten viele Offiziere der Bundesmarine auf Schnellbooten ihre erste Kommandoerfahrung, da die Boote mit relativ niedrigem Dienstgrad ein eigenes Kommando ermöglichten. Damit begründeten die Jaguar-Boote den besonderen Ruf der Schnellboote in der Bundesmarine.

Schon bald wurde über Verbesserungen der Boote nachgedacht. Einzelne Boote waren praktisch ständig zur Erprobung neuer Systeme im Einsatz. Die Geschwader unterlagen dabei einer strengen Geheimhaltung.

So wurde etwa „S 30 Pelikan“ zur Erprobung neuer Radar- und Antiradarsysteme abgestellt und zeitweise mit einem überdimensionierten Feuerleitradar, wie es auf Zerstörern zum Einsatz kommt, ausgestattet. Damit waren die Trefferergebnisse der Flak hervorragend, jedoch wirkte das Boot toplastig.

„S 11 Geier“ erhielt zur Erprobung von ABC-Schutzanlagen vorübergehend einen völlig anderen Decksaufbau, sowie einen Teleskopmast für das Radar.

„S 28 Kormoran“ führte Erprobungen neuer Torpedos durch, auch des später für die Folgeklassen eingeführten drahtgelenkten „DM2A“. Dazu wurden zwei heckwärts gerichtete Torpedorohre montiert.

„S 21 Dommel“ hatte ausgiebige Motorentests durchzuführen, unter Anderem eine 1000 Stunden „Dauererprobung“.

 

 

 

 

 

 

Quelle: www.wikipedia.de